Kurzauswertung vom 22. November 2014

142211 afa maheAm Samstag, den 22. November 2014 konnte nach drei Montagen in Folge endlich ein klares Zeichen gegen Rassismus und Faschismus in Berlin-Marzahn gesetzt werden.
Mehrere tausend Antifaschist*innen konnten schon bei Zeiten die wichtigsten Kreuzungen rund um’s Aufmarschgebiet blockieren.

Bereits vor Beginn der Nazidemonstration waren hunderte Antifaschist*innen auf den Kreuzungen rund um den Auftaktort der Rechten gelangt und konnten diese besetzten. So mussten sich immer wieder Grüppchen von Nazis unter dem Schutz der Polizei durch die Reihen der Gegenproteste drängen, wobei es zu zahlreichen Angriffen und Drohungen gegen Gegendemonstrant*innen und Presse kam. Vom großen Aufmarsch mit über 1.000 erwarteten Teilnehmer*innen blieben die Nazis mit maximal 600 Leuten weit entfernt. Ein großer Teil der Demo reiste nach unserem Kenntnisstand über Schöneweide an, ein altbekannter Treffpunkt für Neonazis aus Brandenburg und den Süden Berlins. Die Anreise der Nazis zog sich über Stunden hin, so dass immer wieder Grüppchen von Nazis an Blockadepunkten auffielen, die ratlos ein Durchkommen zu ihrer Nazidemo suchten.
Die ca. 1.700 eingesetzzten Cops aus Berlin, Ba-Wü, Schlesig-Holstein und Brandenburg konnten nur unter Einsatz von Pfefferspray und Knüppeln Gegendemonstrant*innen von der Route fern halten. Einigen Antifaschist*innen gelang es aber dann doch zum Auftaktort der Nazis zu gelangen und diese somit einzukesseln, was sich über mehrere Stunden hinzog. Nach stundenlangem Warten konnte der Rest der rechten Demo erst gegen 17 Uhr nach langem Hin und Her losziehen. Durch das lange Warten im Kalten und die schlechte Versorgung mit Bier verzog sich ein großer Teil der rassistischen Demo. Die Polizei leitete diesen Rest nach einen kurzen Demoversuch von wenigen Metern auf dem schnellsten Weg zurück zur S-Bahnstation Raoul-Wallenberg-Straße. So kurz die Route auch war, für die Nazis entwickelte sich das Ende denkbar unschön, so fanden sie sich in einem Wanderkessel wieder, umstellt von Polizist*innen und hunderten Gegendemonstrant*innen. Dabei kam es zu Flaschen- und Steinwürfen aus der Nazidemo, die Teilnehmer*innen des Gegenprotestes verletzten. Direkt nach der Ankunft der Nazis am S-Bahnhof wurde die Versammlung für beendet erklärt und sie in den S-Bahn verfrachtet. Nach Ende der Demo waren aber immer noch Gruppen von Nazis im Kiez unterwegs, teilweise ohne Polizeibegleitung, die offensichtlich auf der Suche nach gewalttätigen Auseinandersetzungen waren.

Die rassistische Versammlung war offensichtlich durch langjährig aktive neonazistische Kader*innen organisiert. Zahlreiche NPD-AnhängerInnen und bekannte Gewalttäter übernahmen Aufgaben auf der Demonstration. So stellte Uwe Dreisch, Landesvorsitzender der Nazipartei „Die Rechte“, mit seinen Kameraden den Ordnerdienst der Demonstration. Insgesamt waren fast alle bekannten Berliner Nazis vor Ort. Der NPD-Landesvorsitzende Sebastian Schmidtke versuchte den Mob zu leiten, während Gesine Schrader (Die Rechte) und Patrick Killat (Nazi-„Rapper“) am Lautsprecherwagen das Sagen hatten.
Ordner und Antif-Antifa Fotografen der Demo kamen vom „Nationalen Widerstand Berlin“ wie David Gudra und Christian Benz, die für zahlreiche Angriffe auf Andersdenkende bekannt sind. Auch altbekannte Gesichter wie die Nazis Kai Schuster und Gesine Schrader waren in die Demostruktur eingebunden.

Im Verlaufe des Tages kam es zu Festnahmen und Ingewahrsamnahmen durch die Polizei, die mit Pfefferspray und Schlagstock gegen die gewaltlosen Blockaden vorging. Insgesamt sind bisher 35 Ingewahrsamnahmen bekannt. Hinzu kommen zahlreiche Verletzte, die auch von der Polizei mit ihrem überzogenem Verhalten, aber auch durch Unachtsamkeit untereinander zu verantworten sind. Falls Ihr Euch mit Repression durch Polizei und Staatsanwaltschaft konfrontiert seht, so wendet euch an den Ermittlungsausschuss Berlin oder die Rote Hilfe! Solltet ihr Zeug*in solcher Vorfälle oder Naziübergriffe beobachtet haben, so bitten wir Euch Informationen und Gedächtnisprotokolle an das Chronik-Projekt zur Dokumentation rechter Umtriebe zu schicken. Unter: https://suburbanhell.org/wut/kontakt (am besten verschlüsselt).

Ob die Demonstration der Nazis am Samstag der vorläufige Höhepunkt war, bleibt abzuwarten. Während die Nazis zu Hause vorm Computer ihre Wunden lecken und „Rache“ gegen antifaschistische Gegendemonstrant*innen schwören, wird erneut zu einer rassistischen „Montagsdemo“ am 24.11. aufgerufen. Nachdem der Samstag für die Nazis hätte kaum schlechter verlaufen können, wittern sie am Montagabend die Chance mit weitaus weniger Gegenprotest rechnen zu müssen. Es wird sich zeigen, welches Mobilisierungspontenzial sie nach dieser Niederlage und der Demaskierung der Nazistrukturen hinter der „Bürgerbewegung“ so schnell wieder entfalten können. Daher sind Zivilgesellschaft und Antifaschist*innen aufgefordert, dem rassistischen Protest auch weiterhin mehr als Lippenbekenntnisse entgegenzusetzen. Der Samstag hat gezeigt, dass der Protest auf vielen unterschiedlichen Ebenen zusammen erfolgreich seien kann. Daran gilt es am Montag anzuknüpfen, in Marzahn und überall, wo Rassist*innen und Nazis auf die Straße gehen. Informiert euch über Proteste gegen Rassist*innen in anderen Berliner Bezirken und dem Umland.

Was sich genau am Montagabend in Marzahn abspielen wird, lässt sich momentan schwer einschätzen. Es ist in jedem Fall mit einer Demonstration von Nazis und Rassist*innen zu rechnen. Angemeldet und beworben wird eine 4. „Montagsdemo“ um 19 Uhr an der Landsberger Allee Ecke Blumberger Damm von der „Bürgerbewegung Marzahn“. Dee Drohungen der Nazis, sich für angebliche Angriffe am Samstag zu rächen, sind ernst zunehmen. Gegenkundgebungen sind bis jetzt nicht Angemeldet. Solltet ihr euch den Nazis und Rassist*innen trotzdem in den Weg stellen wollen, dann sollte die An- und Abreise für Antifaschist*innen nur in Gruppen stattfinden.

Parallel wollen wir auch nach Dresden verweisen, wo auch seit Wochen ein Mob von Rassist*innen und Nazis Montag abends wütet. Vorwand ist der antimuslimische Rassismus der unter dem Deckmantel des Werteverfalls propagiert wird, während die Inhalte viel Schnittmenge mit der menschenverachtenden Ideologie von Neonazis zeigen. Am 1. Dezember 2014 wird daher für eine große antifaschistische Gegendemo mobilisiert, um auch dort dem rassistschen Mob Einhalt zu gebieten.
Nähere Infos dazu findet ihr HIER.

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