Der 22. August 2015 ist der 35. Jahrestag des Brandanschlages in der Hamburger Halskestraße, bei dem Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân von Rassist*innen ermordet wurden. Zudem ist er der 20. Jahrestag des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen, bei dem das sogenannte Sonnenblumenhaus durch den Mob gestürmt und in Brand gesetzt wurde, so dass die dort untergebrachten vietnamesischen Vertragsarbeiter*innen und geflüchteten rumänischen Rom*nja am Ende evakuiert werden mussten. Auch in Marzahn mordeten Rassist*innen: 1992 wurde Nguyễn Van Tu am Brodowiner Ring erstochen, 2008 durfte Cha Dong N. nicht mehr weiterleben, weil Tino W. seinen Ankündigungen “selbst etwas dagegen zu unternehmen, wenn die Behörden schon nichts tun würden” Taten folgen ließ.
Auch heute organisieren sich allerorten Rassist*innen, attackieren als
fremd Erkannte auf der Straße und versuchen sie aus ihren Lebenswelten
zu vertreiben. In Deutschland brennen ständig neu geplante
Geflüchtetenunterkünfte, im Schnitt gab es mehr als einen Angriff pro Tag
auf sie. Zudem versammelt sich an zahlreichen Orten der Mob vor geplanten
wie bereits bewohnten Unterkünften, organisiert Fackelmärsche oder sprengt
Informationsveranstaltungen. In Marzahn kommt es seit November 2014 zu wöchentlichen Aufmärschen mit bis zu 1000 Anwohner*innen,
Hools und Nazis. Das montägliche Rassist*innen-Spektakel findet ganz in der
Nähe des Ortes statt, an dem Nguyễn Van Tu erstochen worden ist. Bereits
wenige Tage nach dem Bezug der Unterkunft kam es zu dem ersten körperlichen Angriff der Rassist*innen, die sich regelmäßig vor dem Containerlager treffen. Einige Geflüchtete möchten wieder aus dem Lager ausziehen, weil sie sich dort nicht sicher fühlen.
Wir finden es unerträglich, wenn Geflüchtete heute wie vor zwanzig Jahren
von Politiker*innen verunglimpft, von Behörden schikaniert und in
Sammellagern zusammengepfercht und durch die EU-Außengrenzen ermordet
werden. Wir finden es unerträglich, wenn Rassist*innen ungehindert
Geflüchtete einschüchtern, bedrohen und angreifen können. Wir finden es
unerträglich, wenn mit den Rassist*innen der Dialog gesucht wird, statt sie
in die Schranken zu weisen. Wir finden es unerträglich, wenn von den
„Ängsten und Sorgen“ der Bürger*innen gesprochen und damit rassistische
Ressentiments verschleiert werden, anstatt die realen Ängste der
Geflüchteten ernst zu nehmen. Und wir finden es unerträglich, wenn die große Mehrheit der Marzahner Bevölkerung zur rassistischen Hetze der
„Montagsdemos“ schweigt und viele den Rassist*innen sogar aktiv zustimmen.
Unsere Mindestforderungen gegen diese unerträglichen Zustände sind daher:
- die konsequente Zerschlagung aller rassistischen Netzwerke, ob auf
Facebook, am Stammtisch, im Verein, Betrieb oder in der Politik - ein aktives und dauerhaftes Gedenken an die rassistischen Morde in
Berlin-Marzahn, Hamburg-Halskestraße und alle rassistischen Angriffe
bundesweit - die Abschaffung aller Grenzen und freie Entscheidung über
den Aufenthaltsort inklusive einer Wohnung nach eigener Wahl für alle Menschen, ob Geflüchtete oder Nicht-Geflüchtete
Kundgebung vor dem Eastgate in Berlin-Marzahn (Marzahner Promenade 1A, 12679 Berlin) am 22.08.15, 16 Uhr.
Vortreffpunkt am S-Ostkreuz 15.15h, Ausgang Sonntagsstraße